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Let it snow!


Endlich – es schneit! Oh, wie herrlich ich das finde! Ich bin kein Typ


für die winterliche Nässe und das dominierende Braun der Landschaft. Ich bin Fan von denjenigen Pfützen, in denen das Wasser darin maximal sommerregenwarm ist. Winterregen drückt mir aufs Gemüt.


Ich mag den Schnee, weil es dann nachts heller ist, ich mag das Weiß, das sich auf die Felder legt und die Brauntöne versteckt. Ich mag, wie die Welt ein klein wenig freundlicher aussieht, wenn es geschneit hat. Die Krönung sind weiße Wege, Straßen und Äste, wenn auch die Bäume nicht mehr winternackt sind. Ich mag Autofahren im Schnee und Rodeln und lange Winterspaziergänge. Ich mag weiße Weihnachten und Fensterbänke mit Kerzen und als den dominierenden Farbton Weiß als Kontrast im Hintergrund.

Ich mag den Winter. Wenn er weiß ist. Von November bis Februar. Dann möchte ich, dass er geht und dem Frühling Platz macht. Und dem Sommer. In jedem Fall aber den hohen Temperaturen. Von März bis Oktober.


In den letzten Schnee-Tagen war ich mit einem mir wertvollen Menschen im Austausch, der Schnee überhaupt nicht mag. Vor allem der Austausch mit Menschen, die ein Thema durch eine völlig andere Brille sehen als ich, ist mir ein großer Schatz. Können wir doch vor allem dann mal aus unseren eigenen Gedanken und Meinungs-Konstrukten aussteigen und die Dinge neu betrachten.

Vielleicht finden wir dabei etwas ganz Neues, vielleicht öffnen sich ganz neue Türen oder auch mal nur ein Fenster.

Vielleicht überdenken wir eine alte und schon ganz eingestaubte Sicht der Dinge?

Vielleicht können wir eine Sache aber auch untermauern, absichern.

Mich haben die Gespräche dazu gebracht, überhaupt einmal bewusst wahrzunehmen, dass Schneetage tatsächlich etwas mit mir machen.

Es legt sich ein feiner, nicht schwerer – eher durchscheinender – Schleier aus Melancholie über mein Gemüt.

Laut Wikipedia ist die Melancholie eine Gemütsstimmung, die durch Schwermut bzw. Schwermütigkeit, Schmerz, Traurigkeit oder Nachdenklichkeit geprägt ist.


Ich meine die, die sich gerade noch gut anfühlt.

Und auch, wenn ich versuche, immer im Jetzt zu leben, so lasse ich doch in diesen Momenten der Melancholie auch gern einmal zu, dass mich die Gedanken forttragen in eine Zeit, die längst nicht mehr ist.


Dann spüre ich wieder den Liebeskummer, die Leichtigkeit der Teenie-Tage, den Nervenkitzel…



Gestern war ich (durch ZUFALL?) in der Stadt, in der ich aufgewachsen bin. Wenn man ganz oben steht an der kleinen Hauptstraße und den Blick hinab schweifen lässt, zwischen den Häusern hindurch, kann man hochschauen zu den Häusern der Wohngegend, wo er wohnte damals. Kurz vor Weihnachten hatten wir uns ineinander verliebt. Ach, wir waren ein schönes Paar. So gutaussehend, jung, den Kopf voller Träume, wir gingen zur gleichen Schule und teilten die Liebe zur gleichen Musik und zur Romantik… . Ich kann es noch so gut nachfühlen.


Auf dem Nachhauseweg fahre ich durch den kleinen Ort, in dem wir gewohnt haben. Es hat sich so vieles verändert. Aber auch hier bringt der Schnee, der auf den Gehwegen und Wiesen und auf den Hausdächern liegt, nicht nur Erinnerungen sondern auch eine Stimmung zurück. Erinnerungen an den Schlittenberg, an dessen Ende man geschickt um eine Steilkurve lenken musste, um nicht im Bach zu landen. Winterspaziergänge zum Waldspielplatz.


Mein knallrotes Fahrrad. Ich hatte mich so sehr über mein Geburtstagsgeschenk gefreut und kann mich noch genau erinnern, wie es da stand, in unserem Wohnzimmer, mit Luftballons geschmückt und wie mir die Freudentränen das Gesicht herabrannen. In meiner grauen Winterjacke, die rosa Wollmütze auf dem Kopf fuhr ich auf dem geräumten Gehweg durch den Schnee. Leichte Kindertage.


Auch den ersten Liebeskummer verbinde ich mit Schnee. Ganz gemein – AUCH kurz vor Weihnachten. Dieser bittersüße Schmerz in einer Zeit, in der alle von Liebe faseln und mit denjenigen zusammen sind, die ihnen am Herzen liegen. Echt fies. Und dann besitzen die Wolken die Frechheit, es schneien zu lassen, wo das doch UNSERE Zeit war. Kaum hatte es geschneit, sind wir raus und haben im Schnee getobt wie die Kinder. Oder wir sind losgefahren und haben – laut schreiend und lachend - das Auto über einen großen Parkplatz gejagt. Und einmal hatte er mir ein Herz in den Schnee gefahren. Ich muss lächeln beim Gedanken daran.


Und dann wurde ich Mama und alles, was ich vorher mit Schnee verband, löste sich in dem Gefühl der Wärme auf, das ich empfand, wenn ich dieses kleine, in einen dicken Schneeanzug eingepackte Bündel betrachtete. Die kleinen Handschuhe, das kleine, rote Stupsnäschen.


Das ganze Spektrum an Gefühlen kühlt sich im Schnee an meine Oberfläche und …..


…..ich komme zur Ruhe.


Der Zuspruck, der sich in Form einer weißen Decke auf meine Welt legt, genau wie auf die Pflanzen und Bäume „Ruh‘ dich aus, es gibt jetzt gerade nichts mehr zu tun“.


Sei.

Hänge deinen Gedanken nach. Lass sie schweifen und deinen Blick über die Landschaft, die sich nun freundlich und still zeigt.


Atme.

Betanke dich mit der Klarheit der eisigen Luft.


Spüre.

Nur dich: Deine kalten Wangen, die kalten Finger. Die Grenzen deines Körpers und wie er sich über die natürliche Angleichung der Temperatur dann mit dem Außen verbindet.


Spüre in dich, um die Wärme zu finden. In dir selbst.

Und hier lande ich letztendlich, wo meine Gedanken sich mit meinen Empfindungen verbinden. Hier, in mir, wo alles Wärme und Heimat und Liebe ist. In der tiefen Dankbarkeit, dass ich bin, wo ich bin. Geliebt, gesehen, gehalten.


Was macht der Winter mit dir?

Ist deine Stimmung von Jahreszeiten / Temperaturen abhängig?

Magst du Schnee?


Von Herzen, Nennie

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